In Australien dürfen sich Jugendliche unter 16 Jahren nicht mehr in sozialen Netzwerken tummeln, in Florida unter 14 Jahren. England und die Schweiz prüfen ein entsprechendes Verbote. England prüft ein Gesetz, nach dem nach 2009 Geborene keine Zigaretten mehr kaufen dürfen, auch dieses Verbot wird sicher von anderen Ländern beobachtet und früher oder später kopiert werden. Doch sind solche extremen Verbote wirklich ein probates Mittel gegen die Auswirkungen von übermässigem Social Media Konsum und gesundheitsschädlichem Rauchen und muss wirklich alles verboten werden?
Was bringen Verbote
Nanny-Staat nennen das die Gegner solcher Verbote. Seit 2016 gibt es dafür sogar einen Index: https://nannystateindex.org. Ein Einfluss von Social Media auf die Menschheit ist unbestritten. Ob Jugendliche wirklich leichter abhängig werden oder sich stärker beeinflussen lassen, kann nicht definitiv beantwortet werden. Es gibt sogar Fachleute, die sagen, dass die jungen Leute viel schneller lernen, Inhalte kritisch zu hinterfragen und viele von ihnen schneller aus der sogenannten „Sucht“ herausfinden oder gar nicht erst süchtig werden, wenn sie früher damit in Kontakt kommen. Wenn gesagt wird, dass es Inhalte gibt, die Jugendliche nicht sehen sollten, dann stimmt das sicher. Warum aber ein Unterschied zwischen Jugendlichen und Erwachsenen gemacht wird, ist mir schleierhaft. Sollen Erwachsene wirklich extreme Gewalt und andere stark verstörende Inhalte sehen und wie viele Erwachsene gibt es, die pornosüchtig sind? Wer bestimmt ab welchem Alter, wer was sehen darf? Wäre es nicht viel besser, solche Inhalte für alle zu verbieten? Mir ist schon klar, dass es immer noch Darknet usw. gibt, aber diese Tools wären dann immerhin illegal.
Beim Rauchen ist es ähnlich. Hier ist es sicher so, dass sich Jugendliche eher zum Rauchen verleiten lassen, vor allem durch die sehr trendigen und gut schmeckenden Vapes. Aber ist es nicht so, dass Rauchen auch für Erwachsene mehr als schädlich ist und ist es nicht scheinheilig, Jugendlichen ab einem bestimmten Alter das Rauchen für immer zu verbieten, anstatt einfach das Rauchen selber zu verbieten? Gerade England, das dieses Verbot erwägt, hätte kein Problem damit, einfach keine Zigaretten mehr ins Land zu lassen. Das wäre aber natürlich ein wirtschaftlicher Nachteil, weil dann die Zölle und die Steuern und die Einnahmen aus der Produktion wegfallen.
Auch in der Schweiz
Auch Hierzulande werden immer mehr Verbote von SocialMedia für Jugendliche gefordert. Ganz explizit sogar ein Tiktok-Verbot, weil es Jugendliche schade. Da heisst es dann: «Übermässiger Medienkonsum kann psychische Leiden hervorrufen». Ganz nebenbei stört mich an dieser Aussage das „kann“. Natürlich ist Cybermobbing und Cybergrooming ein Problem, dass sehr viel häufiger unter Jugendlichen auftritt, aber hilft ein Verbot wirklich dabei dieses Problem zu beseitigen? Ich habe selber noch nicht lange her im Tram zwei jungen Mädchen, sie waren sicher nicht älter als 14, bei ihrer Unterhaltung zugehört, es ging um Schönheitsoperationen und darum welche Operation sie als erstes machen lassen würden, wenn sie alt genug sind und das selber zu entscheiden. Ich habe mich eben gerade bei dieser Unterhaltung gefragt, was diese Kinder zu Hause mit ihren Eltern besprechen und etwas später habe ich mir überlegt, was die Eltern selber schon an Schönheitsoperationen hinter sich haben und was das für einen Einfluss auf ihre Kinder hat. Die Frage ist, kann man deswegen Eltern verbieten?
Beim Schreiben dieses Blogs habe ich mir viele Fragen gestellt. Wie und von wem wurde ich beeinflusst, wie wurde ich augeklärt, wie wurde ich auf Gefahren aufmerksam gemacht, wie habe ich gelernt kritisch zu hinterfragen und vieles mehr. Den grössten Einfluss auf mich als Jugendlicher hatten meine Eltern, meine Geschwister allgemein die Familie und auch Freunde jeden Alters, es gab auch Lehrpersonen, die mich durchaus beeinflusst haben. Natürlich gab es in meinem Alter noch nicht die ganzen Tools wie Social Media, geschweige denn Computer und Internet. Trotzdem hatte ich Schulkollegen, die schon früh mit Drogen in Berührung kamen und später auch abhängig wurden und auch ohne elektronische Hilfsmittel haben wir rebelliert, uns zum Beispiel für Demonstrationen aller Art zusammengerauft und waren nicht immer nur die braven Kinder.
Hilft es einfach alles zu verbieten
Es gibt Gesetze, Verbote und auch Gebote, einige sind staatlich, andere sind einfach in der Gesellschaft vorhanden. Viele Gesetze sind sinnvoll und entsprechende Strafen sind zu begrüssen. Ich frage mich allerdings, ob es wirklich Aufgabe des Staates sein kann, Jugendlichen den Konsum von elektronischen Mitteln (ich nenne es extra so, weil es weit über SocialMedia hinaus schädliche elektronische Anwendungen gibt) usw. zu verbieten. Welche Sanktionen sind eigentlich bei Überschreitungen dieser Verbote vorgesehen und wer setzt diese durch? Ist es nicht so, dass viele Jugendliche auf den Tag warten, an dem sie 16 oder 18 Jahre alt sind, um dann all das zu tun, was ihnen vorher verboten war?
Wäre es nicht viel besser, das ganze Geld, das jetzt für die Ausarbeitung von Gesetzen und Strafen und später für deren Durchsetzung geplant ist, für die Prävention einzusetzen? Ich plädiere explizit nicht für mehr Präventionsarbeit in Kitas, Kindergärten und Schulen. Das Wichtigste für Jugendliche und Kinder ist immer noch eine Vertrauensperson, der man einfach alles erzählen kann. Wenn Jugendliche von Leuten angesprochen werden, die ihnen Drogen anbieten, oder wenn sie im Cyberraum gemobbt werden, dann ist immer noch das persönliche Gespräch die beste Hilfe. Selbst wenn es Verbote gäbe, was würde das den Opfern helfen. Müsste nicht die Familie, in welcher Form auch immer, dabei unterstützt werden, Kinder und Jugendliche zu kritischen Menschen zu erziehen? So könnte doch mehrheitlich auf Verbote verzichtet werden.