Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt 

Einleitung

Der Regierungsrat wurde 2018 vom Grossen Rat mittels Anzug Kaspar Sutter und Konsorten be- treffend Pilotversuch für sichere Kaphaltestellen (18.5246) beauftragt, gemeinsam mit der BVB einen Pilotversuch für eine velosichere Kaphaltstelle zu realisieren und zu evaluieren.

Zu den einzelnen Fragen

1.  Warum wurde die Gefahr des eindringenden Wassers, das gefrieren könnte, im Test von 2019 – 2021 nicht erkannt? 

Die erste Testphase mit einem 50 m langen velofreundlichen Gleisstück fand 2019 bis 2021 auf  dem Areal einer Baufirma in Füllinsdorf statt. Ziel dieses Tests war es, primär die Eignung und  Sicherheit für Velofahrende zu klären. Während dieser ersten Phase war keine Befahrung durch  Tramfahrzeuge möglich. Für die Zulassung des Produkts zur Betriebserprobung führte der Herstel- ler Belastungsproben auf seinem maschinellen Prüfstand durch. Dabei wurde selbst nach einer  Million Achsüberfahrten keine Rissbildung festgestellt. Es war deshalb vor der Inbetriebnahme nicht  absehbar, dass es zu Rissbildungen und somit zu eintretendem Wasser kommen könnte. Das Bau-  und Verkehrsdepartement hat dennoch wiederholt kommuniziert, dass verlässliche Aussagen zur  Belastung des Gummiprofils erst mit der zweiten Phase, nämlich dem Einbau in der Bruderholz- strasse und der Befahrung durch Trams im täglichen Betrieb, möglich sein werden.

2. Wie viel kostete das Einsetzen des Gummiprofils in den verschiedenen Etappen bis heute?

Das  Erstellen  der  Teststrecke  in  Füllinsdorf  und  die  dort  stattgefundenen  Tests  haben  300’000 Franken gekostet. Die Mehrkosten für den Einbau an der Bruderholzstrasse betragen  ebenfalls rund 300’000 Franken. Für das Monitoring und die Wechsel des Gummiprofils sind 2022  Kosten in der Höhe von rund 100’000 Franken entstanden, wovon der Hersteller rund 20’000 Fran- ken übernommen hat.

3. Wie hoch werden die Kosten bis zum Abschluss des Projekts sein?

Aktuell wird für das Jahr 2023 mit Kosten in der Höhe von 190’000 Franken gerechnet. Davon wird  der Hersteller wiederum rund 15’000 Franken übernehmen. Die Kosten umfassen nebst den erwar- teten Wechseln des Gummiprofils die Fortführung des Monitorings inkl. Befragung der Velofahren- den sowie den Rückbau der Teststrecke in Füllinsdorf.
Es liegt in der Natur der Sache, dass bei einem Pilotversuch nicht alle Entwicklungen im Voraus  bekannt sind. Bei den angegebenen Zahlen handelt es sich somit um Schätzungen auf Basis des  aktuellen Kenntnisstands.

4. Befindet man sich mit den Kosten im Rahmen des ursprünglichen Budgets oder wird dieses überschritten? 

Der Kostenrahmen für die erste Testphase in Füllinsdorf und den Einbau an der Bruderholzstrasse  wurde eingehalten. Das Schienensystem konnte sogar günstiger als ursprünglich angenommen  eingebaut werden. Seit der Inbetriebnahme musste das Gummiprofil jedoch schneller als erwartet  und somit auch häufiger als erhofft ausgetauscht werden. Die dabei entstandenen Materialkosten  hat der Hersteller übernommen, die Arbeitskosten für den Austausch werden hälftig vom Hersteller  und der BVB getragen.
Ein explizites Ziel der Betriebserprobung besteht gerade darin, die genauen Mehrkosten für Bau,  Betrieb und Unterhalt zu ermitteln. Über diese Gesamtkosten werden der Regierungsrat und die  Basler Verkehrs-Betriebe (BVB) Anfang 2024 genauer Auskunft geben können.

5. Wie hoch ist der personelle Aufwand für dieses Projekt bei den BVB und im BVD?

Beim Bau- und Verkehrsdepartement werden die Stunden für die Gesamtheit der Grundlagenar- beiten im Zusammenhang mit BehiG erhoben. Der Anteil für das Projekt velofreundliches Gleis liegt  schätzungsweise bei 100 und 200 Stunden jährlich. Bei der BVB beträgt der personelle Aufwand  für die Planung und das Monitoring zwischen 200 und 300 Stunden jährlich. Die Personalkosten  der BVB werden dem BVD in Rechnung gestellt und sind in den oben aufgeführten Zahlen enthal- ten.

6. Sind das BVD und die BVB bisher zufrieden mit den Erkenntnissen aus dem Projekt?

Grundsätzlich funktioniert das System bei der Überfahrt durch Tram und Velo. Das Gummiprofil hat  sich jedoch als weniger robust als erhofft herausgestellt. Insbesondere durch das Bremsen und  Anfahren der Trams im Bereich der Haltestelle nutzt es sich schnell ab und ist teilweise eingerissen.  So musste in der Bruderholzstrasse das Gummiprofil in den 12 Monaten seit Inbetriebnahme zwei- mal ausgewechselt werden. Entsprechend sind der Regierungsrat und die BVB mit den bisherigen  Zwischenergebnissen nicht zufrieden, insbesondere, weil Betrieb und Unterhalt aufwändig sind.
Der Regierungsrat und die BVB sehen jedoch durchaus Verbesserungs- und Optimierungspoten- zial des Produkts. Deshalb soll der Versuch noch nicht aufgegeben werden. Für das Problem des  einfrierenden Gummis stehen die Chancen gut, dass eine technische Lösung gefunden wird. Diese  umzusetzen war jedoch kurzfristig für diesen Winter nicht möglich. Auch weitere Optimierungen  sind in Diskussion oder Prüfung. Die Entwicklung des velofreundlichen Gleises ist ein laufender  Prozess und der Versuch an der Bruderholzstrasse unter Begleitung des Bundesamts für Verkehr  (BAV) liefert dazu wertvolle Erkenntnisse.

7. Wie verhält es sich mit der Umweltbelastung durch die Gummiprofile:
a. .In der Produktion?
b. Nach der Entfernung (Recycling)?
c. Durch die Abnutzung (Mikroplastik)?

Die Umweltbelastung wurde in einem externen Bericht vom Ingenieur-, Planungs- und Beratungs- unternehmen Basler & Hofmann 2020 untersucht:

«Als Material für das Gummiprofil wird eine modifizierte SBR-Mischung (Styrol-Butadien-Kau- tschuk) verwendet. Es handelt sich um sortenreines SBR und kann daher der Wiederverwertung  (Rohstoff für Regenerat-Produkte, Bsp. Fallschutzmatten bei Spielplätzen) zugeführt werden. Sollte  das Gummiprofil nicht wiederverwertet werden, […] ist es zur Verbrennung in einer Kehrichtver- brennungsanlage zu entsorgen.

Die Abriebbelastung ist bezüglich Materialisierung mit derjenigen eines Autoreifens zu vergleichen.  Das Ausmass des Abriebs kann erst im Rahmen der geplanten Betriebserprobung ermittelt werden.  Ein Teil des Abriebs wird durch die Strassen- bzw. Gleisreinigung aufgenommen. Der Rest wird  wie der Pneuabrieb des MIV bei Niederschlag der Strassenentwässerung zugeführt.»

Gemäss Berechnungen der BVB benötigt das velofreundliche Gleis an der Bruderholzstrasse jähr- lich 550 kg Gummi für die Gummiprofile. Davon wird im Laufe des Jahres 20 kg als Gummiabrieb  abgetragen. Schätzungsweise 60% davon werden durch Reinigungsmaschinen von der Strasse  aufgenommen, der Rest geht in die Kanalisation.

8. Gibt es bereits Ideen für Alternativen für den Schutz der Velofahrenden, falls das Projekt zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis führt? 

Das Bau- und Verkehrsdepartement und die BVB stehen im Austausch mit anderen Städten und  Transportunternehmen. Die einzig bekannte Alternative auf dem Markt ist das Produkt «Velos- trail», das die Stadt Genf dort einsetzt, wo Velofahrende beide Schienen in einem ungünstigen  Winkel überqueren müssen. Es handelt sich dabei jedoch um eine Gummiplatte, die den gesamten Raum zwischen den Schienen ausfüllt und nur auf kurzen Stücken eingesetzt werden kann. Ob  das System technisch auch in Basel einsetzbar wäre, wird aktuell vertieft geprüft, da sich Anfor- derungen und Voraussetzungen der beiden Städte unterscheiden.

Unabhängig von den beiden technischen Lösungen in der Schiene plant das Bau- und Verkehrsde- partement Haltestellen wenn immer möglich so, dass Velofahrende nicht entlang der hohen Kante  fahren müssen. Dies kann beispielsweise gelöst werden mit einer Velo-Zeitinsel (Velo fährt zwi- schen Tram und Haltestelle auf einem erhöhten Trottoir, Beispiel Kunstmuseum) oder einem Velo- Bypass (Velo fährt zwischen Haltestelle und Trottoir hinter dem Haltestellenbereich, Beispiel Ka- serne). Im Auftrag des Grossen Rats vom 14. Mai 2020 (Ratschlag zur Erhöhung der Verkehrssi- cherheit sowie zur Umgestaltung der Tramhaltestellen in der Hardstrasse, GRB 20/20/09) hat das  Bau- und Verkehrsdepartement die Kriterien für die entsprechenden Haltestellentypen überarbei- tet. Die neuen Kriterien ermöglichen den vermehrten Einsatz dieser Haltestellentypen. Zusätzlich  wird das Bau- und Verkehrsdepartement in den Projekten vermehrt prüfen, ob Umfahrungen der  Kaphaltestellen möglich sind und die entsprechenden Velorouten bei Bedarf sicherer und attrakti- ver gestalten.

Zudem hat der Grosse Rat mit dem oben genannten Beschluss zur Umgestaltung der Hardstrasse  den Grundsatzentscheid gefällt, langfristig auf Schiebetritte bei den Tramfahrzeugen umzustellen.  Durch den Schiebetritt wird der Abstand zwischen Kante und Schiene verbreitert, was wiederum  die Sicherheit der Velofahrenden erhöht.

 

Im Namen des Regierungsrates des Kantons Basel-Stadt

Lukas Engelberger  Vizepräsident

Barbara Schüpbach-Guggenbühl  Staatsschreiberin

 

 

 

 

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